Promotionsvorhaben Lucia Tanganelli
Arbeitstitel: Die dreiköpfige Trinität und die Prudentia. Florenz: 1423-1525
Betreuung: Prof. Dr. Bettina Uppenkamp (Hochschule für bildende Künste Hamburg) und Prof. Dr. Horst Bredekamp (Humboldt-Universität, Berlin)
Disputation am 12. Mai 2023
Meine Forschung betrifft die rare florentinische Darstellung der dreiköpfigen Trinität. Diese Dreieinigkeit zeigt sich als ein Dreifachgesicht, das von vorn gesehen und manchmal in einem Rundschild dargestellt wird. In Florenz sind etwa zehn Kunstwerken bekannt, in denen diese seltene Ikonographie erscheint. Die begrenzte Verbreitung dieser Darstellung hat scheinbar ihren Ursprung darin, dass sie nie von der Seite der Familie Medici angewendet wurde (mit einer Ausnahme, die ich nicht betrachte: Der Fall Bronzinos): Sie wurde von Gruppen oder einflussreichen Persönlichkeiten adoptiert, die eine Alternative zur Medici-Regierung darstellen wollten. Ich bringe zwei Beispiele: Die Trinitätsdarstellung am Grabmal von Sixtus IV. (1493) von Antonio del Pollaiuolo im Petersdom in Rom und das Fresko mit dreiköpfiger Trinität von Andrea del Sarto in San Salvi in Florenz (1511). Sixtus IV. und Biagio Milanesi, die Auftraggeber dieser zwei Kunstwerke, waren beide Rivalen von Lorenzo de’ Medici. Es scheint, so die These meiner Arbeit, dass die Verwendung des Motivs der dreiköpfigen Trinität eine manifest politische Bedeutung transportieren konnte.
Die ersten mir bekannten öffentlichen Denkmäler mit diesem Bildtypus befinden sich im Palazzo di Parte Guelfa, im Portale della Sala delle Udienze, (Lorenzo Ghiberti? Michelozzo?) und im Tabernacolo della Parte Guelfa in Orsanmichele (Donatello). Es könnte sich also vielleicht um eine Darstellungsart der Trinität handeln, die im Schoss der florentinische Parte Guelfa akzeptiert und entwickelt wurde, denn sie verschmilzt die dreigesichtige Darstellung der Prudentia (Klugheit), die im florentinischen Umland und in der Toskana allgemein verbreitet war, mit der der Trinität. Die Prudentia ist nach den Studien Panofskys (1955) die Tugend, die dem Menschen erlaubt, in der Zukunft mit dem rechten Maß zu handeln, nachdem er über die vergangenen und gegenwärtigen Erfahrungen reflektiert hat und die dreiköpfige Darstellung der Prudentia drückt wohl diesen Begriff aus. Es handelt sich also um ein bildliches Symbol, das eine präzise politische Bedeutung trägt: eine Bedeutung, die etwas gegen autoritäre Denkweisen/Tendenzen sagen möchte.
Vita:
Lucia Tanganelli (°1962 in Rom, Italien) lebt in Berlin. Sie hat moderne und zeitgenössische Kunstgeschichte und italienische Literatur an der Università La Sapienza in Rom studiert. Nach der Universität hat sie die Fachhochschule für das Studium der Kunstgeschichte an der Università degli Studi in Florenz besucht. Sie war Stipendiatin der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (2010). Seit 2018 Doktorandin an der Hochschule für bildende Künste Hamburg.