Symposiumsreihe „Point of No Return“
Die Debatte um die aktuelle Ausrichtung der Stiftung Buchkunst (siehe Petition vom September 2018) hat ein Unbehagen vieler Gestalter*innen zum Ausdruck gebracht, das weit über die berechtigte Kritik an der Stiftung hinausgeht. Vielmehr berührt es die Frage nach Relevanz und Aufgabe von Grafikdesign in einer medialisierten Gesellschaft, der daraus folgenden Verantwortung und kritischen Reflexion sowie deren Vermittlung innerhalb und außerhalb von Expert*innenkreisen.
Grafikdesign beeinflusst unseren hyper-medialisierten Alltag so stark wie kaum eine andere ästhetische Disziplin. Grafikdesign kommt eine Schlüsselposition in der Kommunikation diversifizierter und transnational agierender Gesellschaften zu. Hier werden Interpretationen und Übersetzungen innerhalb und zwischen Gesellschaften entwickelt und umgesetzt. Hier werden kulturelle Codierungen entwickelt, die ihrerseits Handlungen in den Feldern sind, die sie codieren. Daraus erwächst eine Verantwortung, die mit einer Logik standardisierter Arbeitsprozesse nicht zu erfassen ist. Kriterien wie Lesbarkeit, Aufmerksamkeit, Trend, Originalität und Signatur reichen als Grundlage für einen zeitgemäßen und kritischen Diskurs über die Disziplin nicht aus. Vielmehr ist ein verstärktes, (kultur-)kritisches und fächerübergreifendes Engagement und Nachdenken erfordert.
Die Symposiumsreihe „Point of no Return“ will darum impulsgebende und kritische Stimmen aus Gestaltung und Wissenschaft zusammenbringen, um dieses Engagement zuzuspitzen und voranzutreiben, und um ein größeres öffentliches Bewusstsein für diesen Diskurs zu stimulieren.
Die von der Hochschule für bildende Künste Hamburg, in Kooperation mit der Bauhaus Universität Weimar, und der Hochschule für Gestaltung und Buchkunst Leipzig organisierte Symposiumsreihe versucht im ersten Symposium „Point of Departure“ (Januar 2019) zu umreißen welchen Herausforderungen sich kritische Gestalter*innen in medialisierten wie interkulturellen Gesellschaften stellen müssen.
Das zweite Symposium „Born in the Echoes“ (Mai 2019) richtet den Fokus auf eine kritische Befragung von Grafikdesign durch unterschiedliche (kultur-)wissenschaftliche Disziplinen.
Das dritte Symposium „Keep it Hit“ will Möglichkeiten skizzieren, welche Strukturen aktiviert und/oder geschaffen werden müssen, um dem eingeforderten Diskurs im Grafikdesign eine Zukunft zu geben.
Im März 2021 wird schließlich das Buch zur Symposiumsreihe in Leipzig im Rahmen des abschließenden Symposiums „Point of no Return“ vorgestellt.
Konzeption der Symposien: Ingo Offermanns, mit Unterstützung von Markus Weisbeck und Markus Dreßen
Januar 2019
Panel-Themen „Point of Departure“ (Hamburg)
Widerspruch ist wahre Freundschaft, sagt William Blake. Kritik ist also mehr als der distanzierte Abgleich eines statischen Soll-Zustandes mit einem dynamischen Ist-Zustand. Kritik-Üben bedeutet zu kontextualisieren, maßzunehmen, abzuwägen und zu interpretieren – Kritik ist also ein dynamischer und sich gegenseitig bedingender Dialog von Ist und Soll. Um konstruktiven Widerspruch zu entwickeln, stellt das erste Symposium darum – Bezug nehmend auf Friedrich von Borries’ Publikation „Politics of Design, Design of Politics“ – zunächst die Frage nach dem was Grafikdesign gegenwärtig kann und tut.
- Eröffnung: Ingo Offermanns, Markus Weisbeck, Markus Dreßen
- Panel 1: Grafikdesign profiliert, reproduziert, fetischisiert
- Studierende der Klasse Grafik der HFBK Hamburg
- Anna Lena von Helldorff, Grafikdesignerin, Gestalterin, Kollaborateurin, Leipzig
- Christoph Knoth & Konrad Renner, Professoren, HFBK Hamburg
- Panel 2: Grafikdesign ermächtigt, mobilisiert, kolonialisiert
- David Bennewith, Colophon, Amsterdam
- Corinne Gisel & Nina Paim, common interest, Zürich
- Karo Akpokiere, Grafikdesigner, Künstler, Lagos/Hamburg
- Panel 3: Grafikdesign kritisiert, öffnet, entwirft
- Isabel Seiffert, Offshore Studio, Zürich
- Sandra Doeller, Grafikdesignerin, Frankfurt am Main
- Matthias Görlich, Professor, Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle
Mai 2019
Panel-Themen „Born in the Echoes“ (Hamburg)
Nach dem Auftakt der Symposiumsreihe „Point of No Return“ im Januar findet am 31. Mai 2019 die Folgeveranstaltung in der HFBK Hamburg statt. Unter dem Titel „Born in the Echoes“ hat Ingo Offermanns (Professor für Grafik an der HFBK Hamburg) internationale Referent*innen eingeladen, die Grafikdesign im Dialog mit und aus der Perspektive von Philosophie, Ethnologie, Soziologie, Designtheorie und Kulturwissenschaften betrachten.
Das zweite Symposium widmet sich der Frage, wie dialogische und solidarische Teilhabe an öffentlicher Kommunikation funktionieren kann, die von Grafikdesigner*innen gestaltet wird. Und wie dieser Partizipation grafische Gestalt gegeben werden kann, die mehr ist als der kleinste gemeinsame Nenner von strategischen Zielen, Partikularinteressen und subjektiven Befindlichkeiten.
Grafikdesign kommt eine Schlüsselposition in der Kommunikation diversifizierter und transnational agierender Gesellschaften zu. Daraus erwächst eine Verantwortung, die mit einer Logik standardisierter Arbeitsprozesse nicht zu erfassen ist. Vielmehr ist ein verstärktes, (kultur-)kritisches und fächerübergreifendes Engagement und Nachdenken erforderlich. Die dreiteilige Symposiumsreihe „Point of no Return“ will impulsgebende und kritische Stimmen aus Gestaltung und Wissenschaft zusammenbringen, um dieses Engagement zuzuspitzen und voranzutreiben, und um ein größeres öffentliches Bewusstsein für diesen Diskurs zu stimulieren.
Mit Beiträgen von:
- Christian Bauer (Vertretungsprofessor für Designgeschichte und Designtheorie, Hochschule der Bildenden Künste Saar, Saarbrücken)
- Clémentine Deliss (Vertretungsprofessorin für kuratorische Theorie und dramaturgische Praxis, Staatliche Hochschule für Gestaltung, Karlsruhe)
- Daniel Martin Feige (Professor für Philosophie und Ästhetik in der Fachgruppe Design, Akademie der bildenden Künste Stuttgart)
- Eva Linhart (Kuratorin für Buchkunst und Grafik, Museum Angewandte Kunst, Frankfurt)
- Sophia Prinz (Gastprofessorin für Theorie der Gestaltung, Universität der Künste Berlin)
- Markus Rautzenberg (Professor für Philosophie, Folkwang Universität der Künste, Essen)
- Alice Rawthorn (Designkritikerin und Autorin, London)
- Pierre Smolarski (Wissenschaftlicher Mitarbeiter für Designrhetorik und Alltagsästhetik, Bergische Universität Wuppertal)
- Friedrich von Borries ( Professor für Designtheorie, HFBK Hamburg)
Moderation: Tulga Beyerle (Direktorin des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg)
Voraussichtlich Dezember 2020
Panel-Themen „Keep it hit“ (Weimar)
Das dritte Symposium hinterfragt bestehende Institutionen von Kritik, und stellt die Frage nach Möglichkeiten einer Institutionalisierung von Kritik im Grafikdesign. Welche Strukturen können aktiviert und/oder geschaffen werden, um Impulse für einen kritischen Grafikdesign-Diskurs zu setzen?
- Eröffnung: Markus Weisbeck, Ingo Offermanns, Markus Dreßen
- Panel 1: Grafikdesign steht zur Disposition
- Panel 2: Grafikdesign-Kritik als Diskurs-Impuls
- Panel 3: Grenzen der Kritik
Voraussichtlich März 2021
Buchpräsentation „Visual language is not innocent“ (Leipzig)
Parallel zur Leipziger Buchmesse wird der Symposiums-Reader vorgestellt. Hier werden die Ergebnisse der Symposiumsreihe abschließend zur Diskussion gestellt.
- Eröffnung: Markus Dreßen, Ingo Offermanns, Markus Weisbeck
- Plädoyer: Forderungen, Hoffnungen, Ausblicke
- Diskussion mit Dreßen, Offermanns, Weisbeck, und Gästen