Dr. phil. in art. Birgit Wudtke
Fotokunst in Zeiten der Digitalisierung. Künstlerische Strategien in der Digitalen und Postdigitalen Phase.
Betreuung: Prof. Dr. Michaela Ott, Prof. Silke Grossmann, Prof. Dr. Verena Kuni
Disputation am 15.10.2015
In dieser Forschungsarbeit werden neue Deutungsmuster zur Erkennung kontemporärer Fotografie entworfen. Nach mehr als zwanzig Jahren tiefgreifender technologischer Veränderungen in diesem Bereich und einer voranschreitenden und alle Dimensionen durchdringenden Digitalisierung müssen die analytischen Parameter neu justiert werden. Nahezu alle bekannten theoretischen Betrachtungen zur analogen Photographie werden angesichts der codierten Computergrafik obsolet. Es wird ein erweitertes Vokabular mit neuen Unterscheidungen nötig, um fotografisch anmutende (digitale) Bilder analysieren zu können. Anhand einer Zeitleiste, welche die technologischen Neuerungen (Bearbeitungsprogramme, Filter, Bildformate, Kameras etc.) und die daraufhin entstandenen Kunstwerke parallel aufzeigt, werden die Methoden und Strategien ausgewählten Künstler zeitspezifisch eingeordnet und kritisch untersucht. Die Künstler der Übergangszeit arbeiten im Zugzwang eines technologischen Wandels, der alle Lebensbereiche und (Bild-)Kommunikationen nachhaltig verändert. Die aktuelle Entwicklung der zeitgenössischen Fotografie wird in dieser Forschungsarbeit anhand bedeutender Theorien zur Fotografie analysiert. Es stellt sich die Frage nach der Zukunft der Fotografie. Als Wegweiser der Recherchen dienen die Beschreibungen ausgewählter künstlerischer Methoden, als auch eigene Erfahrungen der Autorin als Künstlerin und Bildbearbeiterin (Kunstpraxis, Künstlerbuch: untouched touched retouched).
Publikationen:
untouched touched retouched, Künstlerbuch, Januar 2013, Materialverlag der HFBK Hamburg
Fotokunst in Zeiten der Digitalisierung. Künstlerische Strategien in der Digitalen und Postdigitalen Phase, Dissertation (erscheint August 2016), Transcript Verlag Bielefeld
Klappentext:
Vilém Flussers Aufforderung, »gegen den Apparat zu spielen«, ist aktueller denn je, seit die Computerindustrie sich in aggressiver Weise der optischen Technologie bemächtigt und der Kunstmarkt von photographisch anmutenden Bildwerken überschwemmt wird, die uns fragend zurücklassen.
Die Autorin entschlüsselt die Programme und Metaprogramme der »Apparate« mit Hilfe ausgewählter Theorien und künstlerischer Positionen aus der Perspektive einer schreibenden Praktikerin und wagt eine Neuinterpretation der »Fotokunst« der 90er Jahre. Sie präsentiert Werke, die nach genauerer Untersuchung der bildgebenden Strukturen zumeist keine Photographien mehr sind, sondern digitale Collagen, Computergrafiken oder Renderings dreidimensionaler Grafikmodelle. Die Analysen folgen chronologisch einer Zeitleiste, die die Übergangszeit der Digitalisierung von 1990-2010 bis hin zur sogenannten »postdigitalen Phase« umfasst.
»Computer sind gewaltige Instrumente zum Projizieren alternativer Wirklichkeiten, vorher ungeahnter Welten. Aber das alles hat wenig Sinn, solange wir nicht wissen, wozu das alles.« (Flusser 1990)
Zur Person:
Birgit Wudtke, *1973, lebt und arbeitet in Hamburg. Im Jahr 2000 absolvierte sie zunächst ein Fotodesign Studium an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften um dann einen M.A. Auslandsstudiengang an der Bergen Academy of Art and Design anzuschließen. Dort unterstützte sie als Assistentin der Hochschule die Fotografie-Klasse bei der Umsetzung eigener Projekte im Computerlabor und referierte über digitale Bildbearbeitungstechniken und den Einzug digitaler Manipulation in die zeitgenössische Fotokunst. Es folgte eine Workshop-Assistenz bei der Kestnergesellschaft Hannover und Vorträge zum digitalen Fotodesign an der Hongkong Art School und der Hongkong Academy of Visual Arts.
Birgit Wudtke arbeitete mehrere Monate als Artist in Residence in Island (Straumur Arts Center, SIM Artist Residency) und Hongkong (Art and Culture Outreach Unit at Foo Tak Lau). Sie beteiligte sich als Künstlerin an zahlreichen Gruppenausstellungen und Projekten verschiedener Künstlergruppen und an Magazinprojekten (PLOTKI, NEID, Gruppe 18, Der Flaneur). In den Jahren 2005 bis 2012 wirkte sie als Mitbegründerin innerhalb des Künstlernetzwerkes TheBeetoBeeNet mit Präsentationen auf dem Berliner Kunstsalon, in der Galerie Hulahoop Hongkong, der Galerie 21m1 Stavanger (European Capital of Culture 2008), dem Künstlerhaus Sootbörn, dem Künstlerhaus Frise sowie dem Kunsthaus Hamburg. Zuletzt beteiligte sich TheBeetoBeeNet mit einem Projekt an der Wanderausstellung der JCE Biennale d'Art Contemporain. Die Arbeit des Künstlernetzwerks wird 2011 in der Publikation von Ursula Meyer-Rogge über Künstlerinnen in Hamburg mit Werken seit 1968 beschrieben (Metamorphosen/ Verlag Dölling und Galitz).
Im Jahr 2011 begann Birgit Wudtke mit ihrem Forschungsprojekt an der Hochschule für bildende Künste Hamburg, das 2012 mit einer Promotionsförderung von Pro Exzellenzia unterstützt wurde. Es folgte die Disputation im Herbst 2015, und eine Publikation erscheint im transcript Verlag Bielefeld im Sommer 2016 mit dem Titel Fotokunst in Zeiten der Digitalisierung. Künstlerische Strategien in der Digitalen und Postdigitalen Phase.
Kontakt: www.birgitwudtke.net