Die Tresen-Kolumne: Mandarinenkuchen
Mandarinenkuchen
Gestern 5 Kubikmeter Sand geschippt für die Ausstellung von F.. F. hat eine Ausstellung in dem privaten Kunstraum von Familie K. Der Ausstellungsraum ist das ehemalige Schwimmbad des Hamburger Verlegers Axel S., zeitgenössisch renoviert und mit viel hydraulischer Technik ausgestattet. Alles lässt sich mit einem mobilen Bedienpanel bewegen. Die Venue befindet sich weit draussen, in Blankenese an der Grenze zu Rissen. Familie K. finanziert die Produktion der Ausstellung und kauft in der Regel auch eine Arbeit an. Falkenstein, so heißt dieses Viertel, ist eine ziemlich abgelegene Gemeinde. Dort leben Menschen, die sich zumindest um Geld keine Sorgen mehr machen müssen. Dort gibt es keinen Stadtlärm sondern Wald und private Parks und große Geländewagen. Die Menschen dort haben es zu Geld gebracht, ihnen gehören große Industriebetriebe, oder Krankenhäuser oder Hotelketten. Man lädt ein, auf eigene Kosten. Man lässt einen springen. Oben auf dem Hügel: das Wohnhaus. Unten im Tal: der Kunstpavillon. Auch so, um zum Thema letzter Woche zurückzukommen, zeigen sich Klassenverhältnisse. Ich kann verstehen, dass so eine Einladung für die meisten Künstler_innen wie ein Jackpot klingt. Geld für die eigene Arbeit zu bekommen und dann auch noch ein potenzieller Verkauf, Win Win. Meine Eltern haben früher oft aus sozialem Druck bei den Tupperware Parties und Vorwerk-Vorführungen in der Nachbarschaft teilgenommen. Sie haben dann auch immer was gekauft, sonst sieht das für alle anderen komisch aus. Man kann nicht einfach nur Mandarinenkuchen mitbringen und keine Tupperdosen mitnehmen. Die Kunstausstellung in Falkenstein ist so ein bisschen die Tupperwareparty für Krankenhaus- und Fabrikbesitzer_innen. Man lässt die redseeligen, jungen Künstler_innen kommen, hat einen guten Grund, die Nachbarschaft einzuladen, kauft ein bisschen was von ihrem Zeug und stellt es, genau wie meine Eltern die Tupperdosen, irgendwo in den Keller. Dorthin, wo die gebastelten Sachen der Kinder stehen. Ich glaube, das ist etwa der Erwartungshorizont von solchen Ausstellungen: Im besten Fall ist man gut bezahlter Escortservice, im schlimmsten Fall sich austobendes Wunderkind. In keinem Fall aber ist es eine Begegnung auf Augenhöhe.