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Wie ein aufgeblasener Raftingschlauch in mittelmäßig bewegtem Wasser
Menschen analysieren die Welt mit dem Werkzeug der ihnen anhaftenden Ideologie. Wie Lollis, abgeschleckt von den Prämissen der Eltern und später den verschiedenen, im Leben erscheinenden Peergroups, fallengelassen in den ideologischen Staubhaufen, auf dem diese Weltprämissen hocken. Ich schlage folgende Metapher vor: Der Mensch erschafft sich nicht einfach so selbst, noch wird er schicksalsgleich gemacht. Irgendwo dazwischen, fransig und ambivalent, wie ein aufgeblasener Raftingschlauch in mittelmäßig bewegtem Wasser: ungefähre Steuermanöver, die fünf Minuten später erst in Kraft treten, während man schon wieder dagegen lenkt. Menschen oszillieren, würde man in „Texte zu Kunst“ schreiben. Stimmt auch: sie oszillieren von Rand zu Rand, eine sehr passive Angelegenheit. Um mir eine bessere und vor allem aktivere Metapher von Bini Adamczak zu borgen: Menschen zirkulieren, langsam oder schnell, zwischen und über den halbwegs festen Wertekörpern diverser Ideologiekonzepte. Vorgebrachte Argumente dienen dem Zweck, die eigenen Wertvorstellungen zum Zeitpunkt X in besonders gutem Licht erscheinen zu lassen, mit der Intention, Person Y davon zu überzeugen, diese als eigene zu übernehmen und die aktuell äußere Staubschicht der sozial bedingten Ideologie mit der eigenen zu umstülpen: gegenseitige Steuerimpulse einer konstanten und kollektiv richtungslosen Bewegung. Da es sich hierbei um ein von mir geteiltes Ideologiekonzept zum Zeitpunkt X handelt, lässt sich für mich und diverse, mir größtenteils unbekannte Menschen, daraus eine gewisse Hoffnung generieren. Deshalb auch der Versuch, dieses in möglichst gutem Licht erscheinen zu lassen.