3 Notizen zu "Death Hoax"
Death Hoax, Soyon Jung und Felix Thiele im Westwerk
1. "In Erinnerung an Soyon Jung und Felix Thiele" steht auf der Einladung, schwarz in schwarzem Rahmen, im Traueranzeigen-Look. Aber gestorben ist niemand; für ihre Ausstellung "Death Hoax" spielen die beiden auf das Internet-Troll-Phänomen an, Prominente für tot zu erklären - nur auf sich selbst angewandt. Das garantiert natürlich Aufmerksamkeit, aber bringt auch andere Vorteile mit sich: "Kann man, wenn man tot ist, nicht viel entspannter über die Zukunft nachdenken?", fragen sie im Einladungstext.
2. Es ist aber alles andere als entspannt, was Jung und Thiele im schummrig ausgeleuchteten Westwerk zeigen. Ruinenlandschaften etwa, auf den feinen Radierungen von Jung, die sich bei näherem Hinsehen nicht als historische Befunde sondern als Zukunftsvisionen entpuppen: Die Firmen-Headquarters von Amazon, Google oder Blackrock oder die CSU-Zentrale werden da, in "Futur II" dem Zahn der Zeit preisgegeben; bröckelnde Fassaden, überwucherte Wege dokumentieren ihren Verfall. Auch Thieles "No Tomorrowland" ist prophetischer Natur; Neben einer nebelumhüllten schwarzen EU-Flagge vor Kirchenbänken umfasst das Werk einen Zusammenschnitt von Youtube-Videos, in denen Raver-Teens ihrem 40-Jährigen Ich Ratschläge geben. Die Plattitüden und Kalendersprüche, die diese Kids da von sich geben wirken angesichts der prekären Zusammenbruchsvisionen im Ausstellungsraum noch banaler als sie sowieso schon sind. In 20 Jahren, werden wir da nicht alle ganz andere Probleme haben als "Stay Awesome"?
3. Effektiv spielt die Schau mit dem Zeitgeist der aktuellen Epoche, vermengt utopische Zukunftsprojektionen mit Todessehnsucht und dem größer werdenden Wunsch nach tiefgreifenden Veränderungen, von der Aushöhlung des gesellschaftlichen Konsenses von MAGA-Trolls bis Gilets Jaunes. Ja, Rom ist gesunken, genau wie andere Zivilisationen zuvor. Könige wurden geköpft, und auch Google wird irgendwann eine Fußnote der Geschichte sein. Die EU, sie wankt teils schon heute. Mit einigem Abstand betrachtet könnte man das schon ganz locker sehen, sich zurücklehnen und abwarten. Aber tatsächlich ist es dann eben doch nicht so einfach, das spürt man auch in der Ausstellung. Eine Zukunft, in der Machtkonstrukte wie Google, Blackrock oder die CSU Geschichte sind, klingt verlockend. Aber nicht die Zeit alleine stürzt die Mächtigen; wer die Zukunft gestalten will, muss heute mit der Arbeit beginnen - nicht in 20 Jahren.