2024/04/08: Martha Mechow erhält Großen Preis der Diagonale
Die HFBK-Absolventin Martha Mechow (Bachelor-Abschluss 2023 bei Prof. Robert Bramkamp) ist bei der 27. Diagonale - Festival des österreichischen Films in Graz mit dem Großen Diagonale-Preis des Landes Steiermark ausgezeichnet worden. Prämiert wurde ihr Spielfilm Die ängstliche Verkehrsteilnehmerin (DE 2023, 100 Min.). Die surreale Handlung beginnt mit dem Verschwinden einer Mutter in einem Sofa und den zurückbleibenden beiden Töchtern, die sich aus den Augen verlieren. Wir folgen der jüngeren, Flippa, auf dem Weg nach Italien, wo sie die ältere, Furia, vermutet. Sie findet sie tatsächlich in einer Frauenselbsttherapie-Kommune auf Sardinien, doch am vermeintlichen Ziel der Suche angekommen, beruhigt sich der Film keineswegs. Viel divergierende weibliche Energie ist im Bild versammelt, aus Flippas Vergangenheit taucht, ungebeten, ein Mann auf. Solange der heterosexuelle Knoten noch nicht zerschlagen ist, das erkennt sie schnell, ist die Reise noch nicht zu Ende. Weder die innere noch die äußere noch die intellektuelle. Die Bibel muss feministisch neu und Jane Austen genauer gelesen werden, außerdem gilt es, andere Bilder auszuprobieren, fürs Begehren und für die Arrangements, die wir mit den Menschen um uns herum treffen müssen, ob wir wollen oder nicht.
Die Jurybegründung: "Nächtliches Schneegestöber. Dazu das Voice Over einer alten Frau, die assoziativ disparate Motive zu einer poetischen Textminiatur verkettet. Das Verschwinden einer Mutter... Vom ersten Bild, vom ersten Ton an waren unsere Sinne hellwach. Gebannt und mit leisem Staunen folgten wir einem unberechenbaren Reigen, der von einer unbändigen Experimentierfreude und Lust am Geschichtenerzählen
durchdrungen ist. Wie es Regisseurin Martha Mechow hier schafft, durch ihren poetisch-verspielten Umgang mit Sprache und Text, mit Sprechen, Verfremdung, mit Irritation und Musik eine audiovisuelle Skulptur zu komponieren, die mal leichtfüßig ist, mal verkopft, mal poetisch, albern, dann wieder ernst, aber immerzu lebendig, hat uns begeistert. Wir sind Figuren begegnet, die uns überrascht und fasziniert haben. Die eine unbedingte Sehnsucht nach Freiheit atmen. Einem Ensemble an jungen Frauen, die sich zu einem kraftvollen und faszinierenden Gefüge formieren. Die Vorgeformtes befragen. Die nicht unkritisch hinnehmen, sich nicht ein- oder anpassen. Die ihre Umgebung herausfordern, Fragen stellen. Zur Mutterrolle. Zur Paarbeziehung. Zu Geschlechterrollen. Und die Räume öffnen, die überraschende und produktive Antworten möglich machen. Wir sind mit diesem Film einem Denken begegnet, einem Fühlen, einem Erleben, einer Sicht auf die Welt, die uns angeregt, ja bereichert hat. Wir sind der Stimme einer neuen Regisseurin gefolgt, die ihren eigenen Weg sucht und uns mit dieser Suche neugierig gemacht und begeistert hat."
Der Große Diagonale-Preis umfasst 15.000 Euro gestiftet vom Land Steiermark/Kultur sowie € 1.000 gestiftet von der Streaming-Plattform watchAUT und darüber hinaus einen Gutschein über € 4.000 gestiftet von The Grand Post – Post Production Houses