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DAMIEN HIRST IST BEUYS
man muss nur wissen, dass Sand am Strand ist.
„Im Leben soll man ruhig langweilig sein. Nur in der Kunst eben nicht. Warum soll man in diesem mickrigen Leben da draußen die Besonderheit sehen?…“ fragt und sagt Jonathan Messe in der Sendung durch die Nacht mit Jessica Schwarz.
https://www.dailymotion.com/video/x2219zk
Ich liebe Langeweile im Leben. Und ich habe Angst vor ihr. Wenn mir endlich irgendwann so richtig langweilig ist, dann breitet sich ein flaues Gefühl in meinem Magen aus. Jetzt heute zum Beispiel. Ich muss dazu sagen, dass ich mindestens vier Monate oder sogar länger auf diese Langeweile hingearbeitet habe. Ich habe mir verschiedene Vorwände geschaffen um diese Langeweile zu vermeiden (Portraits zum Beispiel), musste äußere Umstände bewältigen (Geld verdienen zum Beispiel), wollte für jemanden da sein (Hans zum Beispiel) und hadere jeden Tag mit Strukturierungsmaßnahmen (Tagesablauf), Zwischenmenschlichkeit (Liebe) und Haushalt (Wäsche, Spülen, L.s Pipi weg wischen). Die letzten Tage habe ich gemerkt, dass die Langeweile bald kommt - kommen darf. Ich habe mehr Anträge geschrieben, als ich wusste, dass es gibt, habe mein nächstes Buch auf die Startbank gesetzt, habe verschiedene Ideen zu meiner nächsten Ausstellung durchprobiert, meine Negative wegsortiert (etwas fahrlässig, aber doch in der richtigen Kiste), habe gestern wieder angefangen Sport zu treiben und beim Sport (Yoga) öffnete sich der Spalt der Langeweile in meinem Herzen. Ich musste außerdem an meine Oma denken, denn neben mir war eine ältere Dame, sie sah von hinten aus wie meine Oma und ich war ihr plötzlich so nah und habe gemerkt, wie sehr ich sie vermisse. Heute bin ich also ins Atelier gefahren, habe alles mögliche sortiert, ein Paket gepackt für ein Experiment und war sogar soweit, dass ich anfing mit Ton zu hantieren, endlich all die Texte zu lesen, die ich noch lesen wollte - und doch merke ich, wie die Langeweile größer wird. Ich weiß nicht ob das gut ist - bestimmt, denn dann passiert irgendwas in mir drin. Oder nichts. Davor habe ich dann immer Angst, dass nichts passiert, dass mir nichts einfällt, dass ich nichts Neues denke, nichts mehr fragen möchte, dass ich einfach leer bleibe.
Diese Leere auszuhalten - das ist verrückt. Wenn Meese sagt, dass man im Leben ruhig langweilig sein darf, aber in der Kunst nicht, möchte ich ihm erstmal dezidiert zustimmen. Im nächsten Moment, also jetzt gerade stellt sich jedoch die Frage, wo die Grenze zwischen Kunst und Alltag oder dem Leben verläuft. Das ist doch irgendwie schwammig und unklar. Ich glaube schon, dass meine Kunst sich aus meinen Alltags- und Lebenserfahrungen speist. Meine ästhetischen und gedanklichen Eindrücke, Textfragmente aus Büchern, Zeitungen oder Briefen … sickern durch einen Transformator, bilden dickflüssige Erinnerungen und Zukunftsvisionen. Daraus konstruiert sich dann die Feststellung, dass etwas neu verbunden werden muss um Fragen zu beantworten. Die lassen sich jedoch nicht final beantworten. NIE.
Ah, Jonathan Meese nennt das Gegenwelt. Die Kunst ist die Gegenwelt. Das finde ich ganz gut. So wie der Hades. Die Hölle, die Apokalypse.
Die Apokalypse ist, laut Hartmut Böhme in Spuren Nr. 22 von 1988, Kritik.
Die Apokalypse ist das Gegenteil von Heimat. Heimat ist Alltag und Langeweile ist Apokalypse.
Ich fühle mich aber schon gern irgendwie zu Hause. In Sicherheit. Weil Panikattacken sind auch nervig.
P.S.: Meine Freundin schreibt: ich weiß schon, warum er sagt, Kunst ist nicht die Realität, gewissermaßen ist es eben wichtig, Orte zu haben, an denen alles möglich ist und alles der ursprünglichen, alltäglichen Bedeutung enthoben werden kann. Gleichzeitig wäre Kunst aber auch ganz schön sinnentleert, wenn es wirklich so wäre. Sie kann ja überhaupt nur als Gegenwelt verstanden werden, weil sie in Bezug zur "Realität" steht (ich würde zum Beispiel nie nur von einer echten Realität sprechen so wie er, und würde Kunst definitiv nicht als nicht-real bezeichnen...damit würde sie zu einer leeren Hülle gemacht werden, dann bräuchte man sie nicht mehr, denke ich).