unmodern talking: I’m not guilty
I’m not guilty
Zwei der insgesamt drei Herausgeber:innen des Bandes „Trigger-Warnung“, Saba-Nur Cheema und Dr. Meron Mendel, waren am 24. Januar 2020 von den Untüchtigen in Kooperation mit der Rosa Luxemburg-Stiftung zur Buchvorstellung ins Barboncino Zwölphi eingeladen. Wir wollten auch zuhören, kamen aber um 10 vor Beginn schon nicht mehr rein, des Pudels Obergeschoß war bis zum letzten Platz gefüllt. Zum Glück wurde eine Tonaufnahme gemacht und da wir die nächsten Wochen eh ausschließlich auf digitalisierten Content der Vergangenheit und Livestreams zurückgreifen können, fangen wir hiermit auch direkt an.
„Identitätspolitik zwischen Abwehr, Abschottung und Alianzen“ lautet der Untertitel des Sammelbands und Meron Mendel stellt gleich zu Beginn des Talks fest: nicht um den Konflikt mit „den Anderen“, nicht um den Widerstand gegen „die da Oben“ ging es den Herausgeber:innen bei Planung und Redaktion des Bands, sondern um eine interne Auseinandersetzung, eine kritische Untersuchung der eigenen Reihen – die problematische Rolle von identitätspolitischen Debatten in linken Räumen nämlich. Den Impuls dazu gab auch die eigene Erfahrung der Herausgeber:innen und Autor:innen, die Erfahrung, dauernd selbst in Fettnäpfchen zu treten, bei den „eigenen Leuten“ in Ungnade zu verfallen oder mindestens kritische Blicke zu kassieren, nur weil man der aktuellen Sprachregelung nicht folgt oder sonst einen Identitäts-Newsflash verpasst hat. Die Bilanz der Einleitung des Bandes, aus der auch vorgelesen wurde, lautet demnach: Forderungen nach „safe spaces“ und nach Trigger Warnungen seien (allermeistens) vor Allem unproduktiv und spalterisch. Menschen würden aufgrund noch so kleiner Handlungen – ein falscher Begriff, eine falsche Frage, eine falsche Frisur – direkt disqualifiziert, diskreditiert und somit als potenzielle Verbündete verloren. Oder in den Worten Saba-Nur Cheemas: „Wo muss ich dann auch Dinge aushalten, die man echt aushalten kann.“
Der Kritik liegt der Vorwurf des Elitarismus zugrunde, der Identitätsdebatten anhaftet. Das ist ein wichtiger, wenn auch nicht gerade neuer Punkt. Es stimmt, es gibt einen ganz eigenen Jargon, den man sich aneignen muss, wenn man in bestimmten Kreisen mitdiskutieren möchte. FLINT*, Queer, Pansexuell, BIPoC, amab – das sind nur einige der Begriffe, die regelmäßig in linken Räumen zum Einsatz kommen. Es wird erwartet, dass man sich zumindest dafür interessiert, was die jeweiligen Bezeichnungen bedeuten und weshalb wir sie brauchen und verwenden – und wer das wie tun kann. Es ist tatsächlich möglich, dass es in bestimmten Situationen zu einem Ausschlusskriterium wird, wenn Menschen diesen Jargon nicht zumindest ein bisschen beherrschen.
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