2010/03/30: Michaela Melián erhält den Kunstpreis der Landeshauptstadt München 2010
Der Kulturausschuss des Stadtrats der Landeshauptstadt München vergibt den mit 10.000 Euro dotierten Kunstpreis 2010 an Michaela Melián, die im Wintersemester 2010/11 eine Professur an der HFBK Hamburg im Studienschwerpunkt Zeitbezogene Medien antritt.
Seit 1992 wird der Kunstpreis der Landeshauptstadt München alle drei Jahre für das herausragende Gesamtwerk von Künstlerinnen und Künstlern im Bereich Bildende Kunst verliehen, die in München oder der Region München leben, eine enge Verbindung zu München als Ort ihres Schaffens haben, oder in ihrem Werk einen Bezug zu München erkennen lassen.
Die Jury — Kulturreferent Dr. Hans-Georg Küppers, Vorsitz, Michael Buhrs (Museum Villa Stuck), Prof. Stephan Huber (Akademie der Bildenden Künste), Dr. Angela Nollert (Neues Museum Nürnberg), Dr. Birgit Sonna (freie Kunstkritikerin), Thomas Trummer (Siemens Stiftung), Dr. Ulrich Wilmes (Haus der Kunst), sowie aus dem Stadtrat Haimo Liebich und Monika Renner (SPD), Marian Offman und Ursula Sabathil (CSU) und Thomas Niederbühl (Die Grünen/RL — begründete ihren Vorschlag wie folgt:
»Das Werk von Michaela Melián ist gekennzeichnet durch eine Verknüpfung verschiedener Gattungen und Medien. 1956 in München geboren, studierte sie zunächst Musik am Richard Strauss Konservatorium, bevor sie ihr Studium an der Akademie der Bildenden Künste absolvierte. Seit 1980 war Melián Mitherausgeberin der Literaturzeitschrift Mode und Verzweiflung, aus der sich die Band F.S.K. rekrutierte, der sie bis heute angehört.
Melián entwickelt in ihren Arbeiten vielschichtige Erinnerungsfelder, die komplexe Zusammenhänge aus inhaltlichen Referenzen und Zitaten herstellen. So hat sie ihre künstlerische Vorgehensweise als »Politik der Erinnerung« bezeichnet. Darin verknüpft sie einerseits Zeichnungen, Objekte, Fotografien, Film, Musik und Text zu Rauminstallationen, anderseits liefern sie ihr das Material für ihre Hörspiele. Melián ist mit ihren Arbeiten national wie international in Ausstellungen vertreten. Ihr Vorgehen ist dabei von großer Komplexität geprägt: nach intensiver Recherche werden aus einer Vielzahl verschiedener Erzählstränge einzelne narrative Spannungsbögen konstruiert: Historische Fakten kontrastieren mit privaten Erinnerungen und Geschichten. Damit ist sie in ihrer Generation die wohl konsequenteste Vertreterin einer gattungsübergreifenden Arbeitsweise, die durch ihre wechselseitigen Bezüge tief in den gesellschaftspolitischen und zeitgeschichtlichen Kontext hineinwirkt.
Das mit mehreren Preisen ausgezeichnete Hörspiel »Föhrenwald« leitete Melián aus einer Installation ab, die sich mit der Geschichte des gleichnamigen Auffang- und Durchgangslagers beschäftigte, in dem jüdische »Displaced Persons« nach dem Krieg auf ihre Ausreise ins Ausland warteten. Es setzt sich mit der wechselvollen Geschichte der ehemaligen NS-Mustersiedlung auseinander, der Melián anhand von Interviews mit ehemaligen Bewohnern nachspürt.
Jüngstes beeindruckendes Beispiel ihres spezifischen künstlerischen Ansatzes war im vergangenen Jahr das Projekt »Speicher«: Auf der Basis der verschollenen intermedialen Arbeit »Varia Vision« von Alexander Kluge, Edgar Reitz und Josef Anton Riedl hat Melián eine Raumsituation geschaffen, welche die ursprüngliche Idee der simultanen Wahrnehmung von Musik, Film und Text erfahrbar macht.«
Der Kunstpreis an Michaela Melián wird am 30. Juni 2010, 19.00 Uhr, im Alten Rathaussaal im Rahmen einer geschlossenen Feier vergeben.